Der katholische Pfarrsaal in Tennenbronn konnte am Mittwoch, den 23. Oktober, die Besucher kaum fassen. Rund 150 Gäste wollten sich die Aufzeichnungen des Heimathauses nicht entgehen lassen, die von Robert Hermann und Eduard Kopp in rund zwei Stunden vorgetragen wurden. Zu dem Referat trugen im Hintergrund insbesondere Alfred Kunz mit seinen historischen Nennungen und Karten und Edwin Klausmann mit den ausgestellten Ahnenlisten der Höfe bei. Aber auch Bewohner des Gersbachtales unterstützen den Vortrag mit bereitgestellten Informationen und Bildern.
Der Gersbach entspringt am Ende des Tales auf rund 840 m Höhe im Hang hinter dem Oberbauernhof. Nach 3,2 km mündet er unterhalb des Baptistenhofes in 655 m Höhe in die Schiltach.
Die erste urkundliche Nennung des Gersbachtales wurde im Jahr 1368 gefunden. In einer Verpfändung der Herren von Falkenstein auf Ramstein an ihren Vetter war neben anderen Tennenbronner Gebieten auch ein „Gerenspach“ erwähnt. 1424 fand sich in einem Fehdebrief mit „Hans Schmalz“ erstmals ein Bauer namentlich im Gerenspach. Das blieb aber bei weitem nicht der einzige Name für den Gersbach. Die heutige Bezeichnung ist erst auf der Hoftauschkarte von 1558 verzeichnet und hat sich seither nicht mehr verändert.
Das Gersbachtal gehörte zum vorderösterreichischen Stab Schramberg und später zur Gemeinde Katholisch Tennenbronn. Im Urbar des Rochus Merz von 1547 sind im Gersbach drei Höfe verzeichnet: Der Oberbauernhof mit dem Besitzer Caspar Heidsmann, der untere Güntershof (heute Haasenhof genannt) von Ulrich Staig und der Kammererhof von Mattheus Hermann. Der ganz am Talausgang gelegene Hermann-Michel-Hof (heute Baptistenhof genannt) wurde damals nicht zum Gersbach, sondern zum Dorf gezählt.
Wie viele Schwarzwaldbächlein diente auch der Gersbach über Jahrhunderte zum Betreiben von Mühlen, einst wurden sieben davon gezählt, teilweise hatten sie sogar eine eigene Hausnummer. Heute ist nur noch die Mühle des Kammererhofes vorhanden.
Der Schwerpunkt des Vortrages widmete sich danach der Geschichte der vier Urhöfe. Alle verloren durch mannigfache Teilungen große Teile ihrer Ländereien. Die Regel war die Teilung unter Geschwistern, aber auch Spielschulden oder Verarmung durch Schicksalsschläge gehörten dazu. So wurde erwähnt, dass der Oberbauer einst in einer Nacht 8 Hektar Gelände am Judenbosch an den Falkenbauer verlor. Am Palmsonntag 1805, als die meisten Bewohner beim Gottesdienst waren, brach ein Feuer im Kammererhof aus. Das herabstürzende Strohdach versperrte alle Fluchtwege, der Bauer, sein Bruder und der Hirtenbube nebst allem Vieh verbrannten elendiglich. Die Witwe musste den Hof an ihren Bruder verkaufen. Auch der untere Güntershof geriet nach einem Brand 1842 in Schulden und musste sein Gut zehn Jahre später in andere Hände geben. Dort ereignete sich am Tag vor Heiligabend 1882 sogar ein Mord, als ein übernachtender Handwerksbursche den schlafenden 18-jährigen Bruder der Bäuerin erschlug und sie selbst schwer verletzte. Er hatte es auf Geld aus einem Viehverkauf abgesehen. Der Oberbauernhof wurde im Winter 1944 ein Raub der Flammen und lag lange als Brandstelle darnieder. Erst als der Sohn Franz Hermann 1946 aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, konnte der Hof dank vieler Helfer wieder aufgebaut werden.
Beeindruckend beschrieben wurde der Kinderreichtum im Gersbachtal und bedrückend war die Kindersterblichkeit. Zehn oder mehr Kinder waren nicht selten, aber im Extremfall erreichten nur drei das Erwachsenenalter. Den „Rekord“ hält Christoph Hermann vom Baptistenhof mit 24 Kindern, allerdings von zwei Frauen. Ein Gegenstück ist die Geschichte der Kapelle des Seppenhofes. Sie wurde 1884 von den gläubigen Eheleuten erbaut, damit sich ihr Kinderwunsch erfüllen möge. Der Sohn Josef, einziges Kind und Namensgeber des Hofes bis heute, kam 1885 zur Welt.
Auch die Verheiratung nach dem Tod eines Ehegatten war rekordverdächtig, in einem Fall wurde bereits sechs Wochen nach dem Tod der Frau eine neue Ehe geschlossen.
Viele weitere Details kamen zur Sprache und manchen Zuhörern „rauchte der Kopf“ ob der Fülle. Doch der Beifall dankte der Heimathausgruppe die geleistete Arbeit und in einer gemeinsamen Höfewanderung mit dem Schwarzwaldverein am 27. Oktober kann an den Originalschauplätzen im Gersbachtal das Gehörte noch einmal vertieft werden.