Zum Vortrag über die Geschichte der Schwarzwaldhöfe konnte der Vorsitzende der Projektgruppe Heimathaus, Robert Hermann vor einer rekordverdächtigen Zuschauerzahl mit Dr. Stefan Blum einen hochkarätigen Experten begrüßen. Dr. Blum wurde in St. Georgen geboren. Er studierte Architektur mit Schwerpunkt ländliches Bauwesen und Archäologie 2004 folgte die Dissertation zum Thema Kornspeicher im Schwarzwald. Neben seiner Arbeit als Architekt arbeitet Dr. Blum als Lehrbeauftragter an der Universität Konstanz.

Der Vortrag began mit einem Blick in den „romantischen Schwarzwald“ Stefan Blum zeigte, dass vieles was wir als Original schwarzwälderisch bezieichnen, eigentlich nur von den Medien gesteuert ist. So auch das Schwarzwaldhaus mit strohbedecktem Walmdach. Diese Bauform sei nur eine vorübergehende und relativ junge Ausprägung des typischen Schwarzwaldhofen. Allerdings, so musste er einschränkend anmerken, wissen wir sehr wenig über alte landwirtschaftliche Gebäude, weil es im Gegensatz zu städtischem Baubestand nur sehr wenige Gebäude gibt, die mehr als 200 oder 300 Jahre alt sind. Darüber hinaus ist der Schwarzwald erst relativ spät besiedelt worden und die Abgeschiedenheit und schlechte verkerhrstechnische Erschließung hat bautechnische Innovationen nicht gefördert.

Die Höfe waren ursprünglich reine Holzbauten. Die meisten Höfe sind irgendwann einmal abgebrannt und mussten so schnell wie möglich wieder aufgebaut werden. Das wurde von Bautrupps mit 50 Personen in wenigen Monaten bewerkstelligt. Dabei konnte oftmals das Bauholz nicht so sorgfältig ausgesucht werden wie wir es heute vermuten. Aus der Notlage heraus wurden Bäume gefällt, gesägt und verarbeitet, ohne entsprechende Trocknungs- und Ruhezeiten. Es entstanden typisierte Häuser deren Größe sich oft nach der Anzahl der Kühe richtete. Somit war der Hof eine ortsfeste landwirtschaftliche Einrichtung und erst in zweiter Linie als Wohnhaus für den Bauern, seine Familie und das Gesinde gebaut. Man geht davon aus, dass die ersten Schwarzwaldhöfe weit heruntergezogene Dächer auf allen 4 Seiten hatten. Die heute so typische Hocheinfahrt kam erst viel später. Im Laufe der Zeit wurde das Dach auf den Seiten die nicht so stark der Witterung ausgesetzt waren verkürzt, so dass der „typische“ Schwarzwaldhof ein asymmetisches Satteldach hat mit mehr oder weniger ausgeprägten Walmen. Diese Krüppelwalmdächer schützen die Giebelseite nicht mehr so gut vor der Witterung, so dass hier konstrutiv mit Holzverschalungen, Mauerwerk oder Fachwerk gearbeitet werden musste.

Die Bauweise war generell eingeschossig, mit einer Zwischendecke. Die Häuser hatten auf der Giebelseite im Erdgeschoss immer 3 Zimmer. Im Normalfall war auf der Eingangsseite eine große Stube – das Wohnzimmer. Es folgte die Küche, deren außenmauer oftmals gemauert oder verputzt und weiß gestrichen war und eine hintere meist kleinere Stube, die auch als Leibgeding oft verwendet wurde. Im Geschoss darüber waren die Schlafräume untergebracht. Die Häuser hatten keine Kamine, das bedeutet, dass der Rauch aus der Küche oder von Kachelöfen sich durch das Gebäude seinen Weg ins Freie suchte. Das hatte den Nebeneffekt, dass dadurch Holz konserviert und Schädlinge abgehalten wurden. Gleichzeitig wurde die Wärme sehr effektiv genutzt. Leider war diese rauchige Luft für die Bewohner nicht gerade gesund.

Dr. Blum sieht diese „traditionellen“ Schwarzwaldhöfe in Zukunft als stark gefährdet an, da moderne Landwirtschaft,Tierwohl und immer steigende Viehbestände andere Gebäudetypen erfordern und so die ursprüngliche Nutzung der Höfe entfällt. Damit stehen immer mehr Höfe leer, verfallen oder werden zukünftig vielleicht abgerissen. Eine Nutzung als Wohnungen oder zu touristischen Zwecken kann zukünftig das ein oder andere Hofgebäude vielleicht noch retten.

Der Vortrag ist auf DVD für den persönlichen Gebrauch über die Projektgruppe Heimathaus erhältlich.

Pressespiegel

Aus: Schwarzwälder Bote vom 24. 10. 2019 von Christoph Ziechaus

Wohnen ist nur ein Nebeneffekt

Überraschende Erkenntnisse lieferte Stefan Blum bei seinem Vortrag über das Schwarzwaldhaus. Das typische Schwarzwaldhaus sei „keine uralte Bauform, sondern deutlich nachmittelalterlich“. Zwar könne man einzelne Fragmente von Höfen bis ins 15. Jahrhundert verfolgen, aber erst zwei Jahrhunderte später entstand das bekannte Wohnstallhaus mit tief gezogenem Walmdach. mehr