Die Mooshöfe im Tennenbronner Schwarzenbach gehören zu den bekanntesten Bauernhöfen der Region. Als Einheimi-scher weiß man, dass es einen Vorderen – und einen Hinteren Mooshof gibt. Man kennt die Hofeigentümer und weiß, dass diese Höfe bis zur Vereinigung der beiden Tennenbronner Gemeinden 1922 zu Katholisch Tennenbronn gehört haben. Weniger bekannt ist die weiter zurück liegende Geschichte.
Der Hofname „Moosbauer“ taucht zwar in den Tennenbronner Grundbüchern und sonstigen alten Dokumenten erst ab der Mitte des 18. Jahrhunderts auf, aber es deutet einiges darauf hin, dass gerade dieses Stück Tennenbronn eine interessante Vergangenheit aufweist. Wir wissen aus einem Güterverzeichnis des Klosters St. Georgen, dass es im Schwarzenbach, zu welchem die Mooshöfe gehören, schon im 14. Jahrhundert Bauernhöfe gegeben hat, die zum Kloster gehört haben. In dieser alten Quelle werden zwar Namen genannt, aber es bleibt unklar, um welche späteren Höfe es sich handelt. Sicher ist, dass im Schwarzenbach schon sehr früh die Tennenbronner Bauerngeschlechter King, Langenbacher, Storz und Moosmann be-heimatet sind und dass die Hofgeschichte der Mooshöfe eng mit den benachbarten Höfen im Kohlwald verwoben ist. Ab dem 16. Jahrhundert gehören die Höfe im (unteren) Schwarzenbach und an der Lehenwies (= Kohlwald) nachweislich zur Herrschaft Schramberg.
Die ältesten Zeugnisse finden sich im Schramberger Urbar des Rochus Merz (1547), wo von einem großen nach Schramberg lehnbaren Anwesen die Rede ist, das „Vetter Hanß Lehen“ genannt wird. Es besteht aus mehreren Hofstellen. Von diesem Lehen gibt es sogar ein Bild. Der Kartograph Anton Beiller hat es um 1750 auf die von ihm gefertigte Landkarte der Herr-schaft Schramberg gezeichnet. Auch wenn die Entstehungszeit und die Umstände der Entstehung dieser Landkarte unklar sind und es sich nur um ein Miniaturbild handelt, kann man aus diesem Karteneintrag Interessantes ablesen. Das Bild zeigt auf der linken Talseite des Flüsschens Schiltach zwei Häuser im Tennenbronner Schwarzenbach. Die zugehörige Bildunter-schrift lautet „Vetter Hanß Lehen Hof“. Aufgrund der Darstellungsart kann man davon ausgehen, dass es sich um einen großen Hof handelt. Die beigefügte Nummer identifiziert die Gegend als den 32ten von insgesamt 39 Abschnitten der Landesgrenze der Herrschaft Schramberg, wie sie Ro-chus Merz 1558 gegenüber dem Herzogtum Württemberg beansprucht hat.
Der Eindruck, dass es sich um ein wichtiges Anwesen han-delt, wird dadurch verstärkt, dass – anders als bei den meis-ten anderen Häusern auf der Karte, der Zufahrtsweg zum Hof eingezeichnet ist. Er kommt nicht aus dem Tal, son-dern von der Benzebene her. Das Bild zeigt zwei Häuser. Offensichtlich hat es auf dem Terrain der heutigen Moos-höfe schon damals so etwas wie einen „Vorderen -“ und einen „Hinteren- Hof“ gegeben.
Auf der anderen Seite des Schiltachtals ist ein Hof einge-zeichnet, der mit „Vetter Mathieß-Lehen“ unterschrieben ist. Worauf sich die Namen „Vetter Hanß“ und „Vetter Ma-thieß“ beziehen, ist unklar. Gut möglich, dass sie etwas mit Hans und Mathieß King zu tun haben, die im 16. Jahrh. Eigentümer der Höfe im Schwarzenbach und im Kohlwald waren. Es gab in dieser Zeit nacheinander mehrere Träger dieser Namen. Im Jahr 1554 ist ein Hans Küng als Bauer im Schwarzenbach bezeugt. Dessen Vater „Mathieß“ bewirtschaftete ein Libding im Kohlwald. Der Sohn von Hans King, der auch den Namen Hans trug, war mit einer Anna Steidinger verheiratet, der Tochter des evangelischen Vogts Konrad Steidinger vom Merzengut in der Unterschiltach. Dieser Hans King musste – nach Schramberger Amtsrechnungen – im Jahr 1572 Strafe an die Herrschaft Schramberg zahlen, weil er sein Kind vom lutherischen Pfarrer in Tennenbronn hat taufen lassen. Die demonstrative Verbundenheit des Hofeigentümer zur lutherischen Religion könnte ein Hinweis darauf sein, dass das Küng-Anwesen zu den acht ursprünglich St. Georgischen Hofgütern gehörte, die Rochus Merz nach dem Abzug der Benediktiner aus St. Georgen für Schramberg reklamiert hat und über deren Zughörigkeit Jahrzehnte lang zwischen Württemberg und Schramberg gestritten wurde.
Auf der Liste ihrer Güter in Tennenbronn, welche die Gebrüder Egenolf und Erhard von Falkenstein im Jahr 1368 als Pfand eingesetzt haben (später zu Schramberg gehörig), fehlen die Namen Schwarzenbach und Lehenwies. Möglicherweise weil diese damals zu St. Georgen gehörten. Ab 1731 ist der vom benachbarten Schwarzenbachhof stammende Hans Storz, Sohn des Philipp Storz und Bruder des H. Michel Storz, dem „alt Vogt“, Eigentümer des Vetter Hanß Lehens. Er ist der erste, in dessen Zusammenhang der Name Mooshof fällt. Laut Grundbuch bewirtschaftet auch sein Bruder Simon Storz einen der Höfe im Schwarzenbach. Nachdem in der Region Jahrhunderte lang die alteingesessenen Geschlechter King und Storz das Sagen hatten, taucht mit dem Ende des 18. Jahrhunderts der Name Hilser in Erscheinung, ein bisher in Tennenbronn unbe-kannter Name. Mitglieder dieser Familie saßen fortan nicht nur auf dem Hof im Schwarzenbach, sondern beeinflussten in verschiedenster Weise die Geschicke Tennenbronns. Ihr erster Vertreter ist Christian Hilser. Über ihn und über die mit ihm beginnende neue Epoche der Mooshöfe wird im Teil II berichtet.
Vom Bauernknecht zum Bürgermeister
Für die jüngere Geschichte der Höfe im Schwarzenbach ist das Jahr 1778 von Bedeutung. In diesem Jahr heiratete Ka-tharina geb. Hermann, die 50 Jahre alte Witwe des verstor-benen Moosbauern Simon Storz, den um 20 Jahre jüngeren Christian Hilser aus Gremmelsbach. Dieser war, so sagt es die Überlieferung, Knecht auf dem Mooshof. Christian Hilser wird zum Stammvater einer ganzen Dynastie Hilser in der Region. Nach dem Tod seiner Frau, mit der er zwei Kinder hatte, heiratet er in 2. Ehe die aus Lauterbach stam-mende Luitgarda Hils und zeugte mit ihr in einem langen bewegten Leben 10 Kinder.
Christian Hilser (1753 – 1837) war sicherlich ein besonde-rer Mensch. Für die Persönlichkeit dieses Mannes spricht die Tatsache, dass die Tennenbronner Bevölkerung ihn schon wenige Jahre nachdem er Moosbauer geworden war, für geeignet hielt, Stabsvogt in Schrambergisch Tennen-bronn zu werden. Er bekleidete dieses Amt von 1788 bis 1798 zehn Jahre lang. Er hat es vom Knecht, der von aus-wärts kam, zum hochangesehenen Stabsvogt gebracht.
In den Kaufkontrakten der Gemeinde Kath. Tennenbronn ist dokumentiert, dass Christian Hilser im Jahr 1799 für 2065 Gulden das seinem Hof benachbarte sogenannte „Storzische Gut“ ersteigert hat. Da das ersteigerte Hofgut laut KT Unter-pfandbuch (19.Jahrh.) den Hauptteil von Christian Hilsers späterem Vermögen ausmacht, bedeutet dies, dass der Hof, in den Christian Hilser 1778 eingeheiratet hat, nicht, wie man vermuten könnte, der noch ungeteilte Mooshof (heute: Vorder – und Hinter- Mooshof) war, sondern das kleinere, später unter dem Namen „S´Großer Mathiser“ bekannte Höfle oberhalb der Firma Schneider. Auf der alten Gemarkungskarte ist dieses Höfle als „Mooshof“ eingezeichnet. Es spricht einiges dafür, dass es sich dabei um den ursprünglichen Vorderen-Mooshof handelt, während der Standort der heutigen Mooshöfe damals der Hintere Mooshof war. Durch Christian Hilsers Kauf wurden die beiden Mooshöfe vereinigt und das Hilsersche Anwesen generierte zum größten landwirtschaftlichen Anwesen im Schramberger Stab – bzw. ab 1810 in Katholisch Tennenbronn. Die Blütezeit von Christian Hilsers Groß-Mooshof, dessen Einzugsbereich sich von der Benzebene durchs Tal hindurch, hinüber bis auf die Höhe des Kohlwalds erstreckte, dauerte allerdings nur kurz.
Das Anwesen war aus verschiedenen Gründen so sehr verschuldet, dass schon in der nächsten Generation, nach der Insol-venz der von Sohn Mathias Hilser ersteigerten Wirtschaft Krone im Dörfle (1849) und dem frühen Tod des Hofnachfolgers Anton, die Schwiegertochter Maria Anna geb. Moosmann gezwungen war, das Hilsersche Anwesen wieder zu teilen. Sie behielt den einen Teil, fortan Hinterer Mooshof genannt, und übergab diesen später ihrem Sohn Anton. Den anderen Teil übernahm für 2500 Gulden Christians Schwiegersohn Daniel Fleig. Dieser stammte vom Weisbauernhof und hatte die Hilsertochter Veronika geheiratet. Nach dem frühen Tod von Veronika heiratete Daniel deren Schwester Ludwina, eine andere Mooshof-Tochter. Diese wiederum überlebte ihren Mann Daniel und heiratete in zweiter Ehe Bernhard Hug, so dass mit diesem der Name Hug auf dem Vorderen Mooshof heimisch wurde. Die Bezeichnungen Vorderer- und Hinterer Moos-hof aber, das legt unser Rückblick in die frühe Hofgeschichte nahe, gibt es nicht erst seit der Hofteilung im 19. Jahrhundert, sondern die hat es schon vorher gegeben.
Heimathaus Tennenbronn von Alfred Kunz